Ruhrpottblick

Fotografieren ist Malen mit Licht – Sabrina im Instatalk

Auf Instagram teilen Millionen Menschen Fotos und Videos von besonderen Momenten miteinander. Oft geht es um Essen, Fashion oder Reisen. Manche setzen aber auch bewusst das Ruhrgebiet in Szene. In den kommenden Monaten stellt Ruhrpottblick in der Serie “InstaTalk” einige dieser Instagrammer vor.

Der Pott ist ein Gefühl von Heimat

Sabrina alias zesa2501 ist bekennende Gelsenkirchenerin. Die 38-Jährige arbeitet im Vertrieb und hat ihr Leben lang im Ruhrpott gewohnt. Es gab zwar Momente, in denen sie gezweifelt hat, ob sie hier richtig ist. Aber das war auf Grund von einzelnen Gegebenheiten, die es nicht geschafft haben, sie aus dem Pott zu vertreiben. Sabrina erzählt im Instatalk, was sie so sehr an ihrer Heimat liebt und wie sie das in ihren Fotos festhält.

Wie ist Dein Instagram- Name entstanden? Was bedeutet er?

Ich heiße zesa2501 auf Instagram und das hat eine ziemlich simple Bedeutung. Der Name besteht jeweils aus den ersten beiden Buchstaben von meinem Nach- und Vornamen und die Zahl ist mein Geburtstag. Ich habe mich damals mit Facebook angemeldet und da wurde der Name automatisch übernommen. Für meinen Reiseaccount kommt einfach noch das „GE“ für Gelsenkirchen hinten dran.

Wie bist Du auf Instagram gekommen?

Ich habe den Account erst seit Anfang des Jahres, bin also noch relativ neu. Das kam durch einen Stammtisch mit anderen Fotografen aus der Gegend, die alle ständig über Instagram geredet haben. Da kam natürlich auch die Frage „Warum bist du noch nicht da?“ und dann dachte ich mir: Okay, dann lege ich mir einen Account zu und schaue mir das mal an. Mir gefällt dabei im Gegensatz zu anderen sozialen Netzwerken sehr gut, dass es tatsächlich nur Bilder sind und man ziemlich genau eingrenzen kann, was einen interessiert. Ich hole mir über Instagram mittlerweile oft Inspiration für neue Bilder und suche nach schönen Orten vor anstehenden Urlaubsreisen.

Hast Du Hashtags, die Du besonders gerne benutzt?

Den Hashtag #anGEblickt benutze ich immer. Der steht ganz oben in meiner Biographie und wäre eigentlich auch ein guter Name für meinen Account gewesen. Das GE ist dabei absichtlich großgeschrieben und steht für Gelsenkirchen. Und bei meinem Reiseaccount ähnlich originell #anGEreist.

Seit wann fotografierst Du?

Ich fotografiere eigentlich schon seit ich ganz klein bin. Früher analog, später mit der Digitalkamera und seit 2012 mit einer Spiegelreflex. Diese habe ich mir sehr spontan gekauft. Wir waren auf dem Weg zu den Kölner Lichtern und ich wollte unbedingt das Feuerwerk fotografieren. Deshalb bin ich auf dem Weg noch kurz zu Mediamarkt. Mein Plan ist aber nicht ganz aufgegangen, zum einen war kein geladener Akku dabei und zum anderen kannte ich mich ja ohnehin noch nicht mit der Kamera aus und hätte nur im Automatik Modus oder der Szenenwahl drauf los geknipst. Kurz darauf habe ich einen VHS Kurs gemacht, um zu lernen, wie man richtig damit umgeht. Dadurch wurden unter anderem die Feuerwerkbilder auch brauchbar. Ich finde es sehr schade, wenn Leute so eine gute Kamera haben und immer nur im Automatik Modus fotografieren, weil sie nicht wissen, wie es anders funktioniert.

Und was bedeutet Dir die Fotografie?

Fotografieren ist Malen mit Licht, deswegen mag ich Aufnahmen mit Langzeitbelichtung sehr gern. Dabei sieht das Bild am Ende oft nicht so aus, wie man es im ersten Moment wahrnimmt. Als Fotograf entwickelt man ein gewisses Gespür. Ich sehe vor meinem inneren Auge schon genau, wie das Bild am Ende aussehen soll. Es fasziniert mich, dass ich so Bilder entstehen lassen kann, die vorher nur in meinem Kopf existiert haben. Das klappt mal mehr und mal weniger gut, je nach den Gegebenheiten vor Ort. Ich entwickle meine Bilder, achte aber darauf, dass ich sie nicht entfremde. Ich versuche damit nur, das Bild genauso zu gestalten, wie ich es in dem Moment wahrgenommen habe. Wenn ich zum Beispiel im Urlaub eine leicht getönte Sonnenbrille mit Polarisationsfilter aufhabe, verfälscht das natürlich die Farben. Die Farben wirken kräftiger und satter, aber in dem Moment habe ich es genau so gesehen. Das Bild ist so in meiner Erinnerung und deswegen entwickle ich mein Foto am Ende auch so.

Hast Du durch die Fotografie auch im Alltag einen besonderen Blick entwickelt?

Definitiv. Ich nehme die Welt um mich herum so viel bewusster wahr. Ich habe mir mittlerweile abgewöhnt, an jeder Ecke stehen zu bleiben, an der ich spontan ein schönes Motiv sehe. Das kostet zu viel Zeit und nervt meine Mitmenschen. Aber ich kann es trotzdem nicht abschalten. Ich finde, man schaut gewissenhafter hin. Wo viele andere “nur“ ein Haus sehen, sehe ich die Fassade, die Struktur, entdecke vielleicht eine kleine Figur. Man sieht Details und Einzelheiten und nimmt die Umgebung bewusster wahr, auch wenn ich die Sachen dann nicht immer fotografieren muss.

Trotzdem ist es ein beruhigendes Gefühl, dass ich mit meinem Smartphone auch immer eine Kamera dabeihabe. Die Qualität ist zwar nicht ganz so gut wie von meiner Spiegelreflex, aber ein bekannter Spruch von Eliott Erwitt lautet: “Die beste Kamera ist gerade die, die man dabei hat.” Wenn ich mit dem Auto unterwegs bin, habe ich sogar immer mein kleines Stativ dabei. Dann kann ich spontan anhalten und mit dem Handy auch Aufnahmen mit Langzeitbelichtung machen.

Was ist Dein Lieblingsmotiv?

Ich liebe Landschaftsfotografie. Das ist immer wieder spannend, weil sich das Bild situationsbedingt entwickelt. Ob nun Licht, Wetter, Uhrzeit oder Jahreszeit, der gleiche Ort sieht immer wieder anders aus. Deshalb lohnt es sich auch, zu manchen Orten immer wieder zu kommen. Das mache ich zum Beispiel bei der Landmarke Tiger & Turtle in Duisburg. Die wurde auf einer Halde gebaut und sieht aus wie eine Achterbahn. Das ist eines meiner Lieblingsmotive.

Was ist das Besondere am Pott?

Ich finde es sehr besonders und einzigartig, wie sich der Ruhrpott entwickelt hat. Natürlich ist es hier nicht überall schön, aber wo ist es das schon? Die vielen Malocherstädte, in denen früher hart gearbeitet wurde, sind nun eine eigene Kultur. Veranstaltungsorte verschmelzen mit der industriellen Vergangenheit. Wo kann man schon zwischen Hochöfen klettern oder mitten in einer Kokerei Eislaufen gehen? Es gibt das ganze Jahr über viele schöne Events, die meisten sind sogar gratis.

Hier leben Menschen, die zu besonderen Anlässen ihre Häuser schmücken und Getränke oder Würstchen ausgeben. In Gelsenkirchen gibt es zum Beispiel jedes Jahr eine bezaubernde Weihnachtswelt oder ein Halloweenhaus, das von Privatleuten organisiert wird und sich durch Spenden finanziert. Das hat mit der Mentalität der Leute, die hier leben zu tun und ist für mich typisch Ruhrpott.

Hast Du einen Lieblingsort im Pott?

Generell liebe ich die Halden hier im Ruhrgebiet. Von oben hat man meistens eine wunderschöne Aussicht und ich bekomme bei den kleinen Wanderungen nach oben den Kopf frei. In Gelsenkirchen bin ich besonders gern im Nordsternpark, am liebsten auf der Doppelbogenbrücke. Auf der Brücke stehend die vorbeifahrenden Schiffe zu beobachten, ist Entspannung pur. Der Nordsternpark ist übrigens auch ein sehr gutes Beispiel für den Strukturwandel im Ruhrgebiet.

Warum möchtest Du das Ruhrgebiet mit anderen teilen?

Viele haben noch die alten Vorurteile über das Ruhrgebiet im Kopf. Hier sei es dreckig und hässlich, und zwar ohne Ausnahme. Dabei ist es mehr als Fußball, Stau auf der Autobahn und zugebaute Städte …  man muss es den Leuten nur zeigen. Und das ist auch meine Motivation: Die Schönheit nach außen tragen, besonders hier aus Gelsenkirchen. “401GE” hat nämlich einen besonders schlechten Ruf.

Vervollständige bitte diesen Satz: Der Pott ist…

…ein Gefühl. Ein Gefühl von Heimat. Ein Gefühl von Industriekultur. Ein Gefühl von Geschichte.

Vielen Dank Sabrina für das interessante Interview.
Schaut doch mal in der Instagalerie von Sabrina aka @zesa2501 vorbei.

Du möchtest auch mal im Ruhrpottblick-InstaTalk über Deine Instagram- und Ruhrgebietsleidenschaft plaudern? Dann tagge Deine Bilder auf Instagram mit #ruhrpottblick. Wir finden Dich schon 🙂

Lisa König
Ich bin vor eineinhalb Jahren für mein Wissenschaftsjournalismus-Studium nach Dortmund gezogen. Eigentlich komme ich vom Dorf im Norden Niedersachsens und musste mich erst mal dran gewöhnen, nicht jede freie Minute am Wasser zu verbringen. Trotzdem habe ich mich gleich in meine neue Heimat verliebt. Deshalb schreibe ich in meiner Freizeit für Ruhpottblick und die Nordstadtblogger, um zu zeigen, was die Gegend alles zu bieten hat.